Idee

"... Tibalak, ein Mitglied eines Stammes tief im Inneren Papua Neuguineas, erzaehlt aus seiner Sicht die Geschichte, die mit einer vom Fluss angespuelten Konservendose beginnt. Das Auftauchen der Dose und die dadurch entstehenden Fragen sind Ausgangspunkt fuer eine poetisch-philosophische Reflektion ueber die Situation einer kleinen Gruppe urspruenglich lebender Menschen an der Schwelle zur Zivilisation des 20. Jahrhunderts. Supermarktnahrung, Alkohol, Geld und andere Herausforderungen des modernen Lebens sind ca. 30 Flugminuten und 5000 Jahre menschlicher Entwicklungsgeschichte vom Ort der Handlung entfernt. Aus diesem Spannungsfeld entsteht ein Film, der keine ethnologische Dokumentation ueber einen konkreten Stamm sein will. Der Zuschauer erfaehrt gleichermassen etwas ueber den Kulturkontakt in Papua Neuguinea wie auch etwas ueber sich, seine Vergangenheit und seine Stellung in der von ihm geschaffenen Welt der Konsumgueter. ..."

Im Sommer 2003 entschliesst sich Dete Siegert, ein langjaehriger Freund, fuer zwei Jahre als Entwicklungshelfer nach Papua Neuguinea zu gehen. Sein Einsatzgebiet ist die abgelegene Western Province an der Grenze zu Irian Jaya. Diese Gegend wird durch zwei Faktoren grundlegend gepraegt; auf der einen Seite der sehr spaete Erstkontakt zur sogenannten Zivilisation (30er bis 50er Jahre), auf der anderen Seite die Gold- und Kupfermine Ok Tedi, die seit 1984 massive soziale, oekologische und oekonomische Veraenderungen in die Region bringt.

Mit diesen ersten Informationen im Hinterkopf entschliesse ich mich auf der Stelle dazu diese Umstaende fuer ein Filmprojekt zu nutzen. Nach ca. einem Jahr ist die Idee zu einem handfesten Konzept gereift.

"... Die Entwicklung und Umsetzung des Filmes stuetzt sich auf zwei Grundelemente:

1. Eine vorgegebene Rahmenhandlung bildet das Grundgeruest des Films: Die kleine Gruppe urspruenglich lebender Menschen an einem Fluss, die auftauchende Konservendose, eine Traumsequenz und weitere Eckpunkte der daraus entstehenden Geschichte. Diese dramaturgisch wichtigen Eckpunkte geben dem Projekt die fuer das Endprodukt Film noetige Stabilitaet. Gleichzeitig besteht ausreichend Spielraum und Flexiblitaet für die Arbeit im Workshop.

2. Die Partizipation der Ureinwohner bei der Entwicklung der Geschichte ist ein zentraler Bestandteil des Projektes und wird im Rahmen einer gemeinsamen Erarbeitung mit einer Gruppe von 10 - 15 Stammesmitgliedern vor Ort in Papua Neuguinea stattfinden. Neben der Diskussion und Ideenfindung hat der Workshop zum Ziel, die Charaktere zu entwerfen und die Partizipanten auf ihre Rolle als Darsteller vorzubereiten.

Vor allem mythologische Vorstellungen mit Bezug zu den Vorgaengen der Rahmenhandlung sollen dabei untersucht werden. Dem Phaenomen der im melanesischen Raum verbreiteten Cargo-Kulte wird besondere Bedeutung zukommen. Ein weiterer Bestandteil des Workshops ist das Einbringen und Zur-Diskussion-Stellen von mythologischen Vorstellungen der abendlaendischen Kultur. Die Ikarus-Sage bietet dafuer ein geeignetes Diskussionsmodell. Sie ist der Handlung nach die Geschichte vom Scheitern des Menschenfluges. Die Situation der Ikarus-Figur, ihr Wert und Einfluss auf das abendlaendisch gepraegte Denken und ihr moeglicher Wert und Einfluss auf die sich derzeit rasant veraendernden Wertvorstellungen der Ureinwohner soll hinterfragt werden. Ausgehend vom Ikarus-Mythos soll dem Motiv des Labyrinths besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Ein Anspruch des Filmkonzeptes ist der beabsichtigte Brueckenschlag zwischen den so gegensaetzlichen Welt- und Wertvorstellungen. Dabei soll der Fluss von Erkenntnis und Verstaendnis in beiden Richtungen gleichermassen entstehen. Dies betrifft sowohl das Endresultat Film als auch besonders die Arbeit im Workshop. ..."